Promenadenpokal Kühlungsborn

Dirk Müller gewinnt den Promenadenpokal in Kühlungsborn. Nach fünf Wettfahrten (Samstag eine, heute vier) hatte er die Nase vorn, vor Max Billerbeck und Hannes Seidel. Am Start waren dreizehn Boote.

Heute wurden vier Rennen bei sattem Wind zwischen 15 und 20 Knoten gesegelt. Wettfahrtleiter Peter Menzel hatte den Kurs ein wenig in die Landabdeckung gelegt, weiter draußen wehte es noch mit ein paar Knoten mehr. Teilweise waren zwar dicke Windlöcher zu finden, dafür war die Richtung heute aber sehr konstant.

Auch gestern hatte es gut geweht. Pünktlich zum zweiten Start zog eine Front mit 24 Knoten im Mittel durch. Viele Kenterungen und dann Abbruch. Ein neuer Startversuch um 15:15 Uhr wurde nach der ersten Kreuz wegen Gewitter wieder abgebrochen. Am Abend wurde gegrillt und der Geburtstag von "Neuzugang" Matthias mit lecker Bierchen aus dem Allgäu gefeiert.

Hier der Regattabericht von Uwe und darunter die Ergebnisliste:

„Jetzt wird’s spannend!“, höre ich Dirk sagen, der links vor mir bei der Siegerehrung steht.

Die Platzierungen wurden aufsteigend aufgerufen und ich hatte eigentlich schon vorher mit meinem Namen gerechnet. „Berichteschreiberplatz“.

Seit zwei Jahren wollte ich gern mal nach Kühlungsborn, immer waren familiäre Angelegenheiten dazwischen. Diesmal nicht. Und von Hannes, der diesmal die „Reisegruppe Potsdam“ anführte, kam noch die Schlüsselbezeichnung für den Promenadenpokal: „Saisonhighlight“. Im kurzen Rückblick ist das alles andere als übertrieben.

Der Rückblick beginnt mit einer Verabredung für Samstag 5.00 Uhr früh – Abfahrt. Und im Gegensatz zu den sonst bei abendlichen Verabredungen gleitend nach hinten verschobenen Abfahrtzeiten schließt sich kurz nach fünf Uhr das Tor zum Seglerverein Potsdamer Adler hinter dem Dreiertrailer. Ich habe auf der Rückbank Platz genommen, vor mir Broeni und daneben Hannes hinter dem Steuer. „Wie Söhnchen“, grinse ich in mich hinein. Als 2,5 Stunden später der Bus aus dem Wald bricht und die Ostsee sich breit und blaugrau schimmernd bis zum Horizont erstreckt, wird aus der Ironie ein Deja Vu. „Wie früher auf dem Weg in den Sommerurlaub.“

In Kühlungsborn decken sich Deja Vu, Erinnerungen und Realität. Sandstrand, Sonne, salzige Luft, Bäderarchitektur und das Geräusch der morgendlich träge schwappenden Ostsee. Im Segelclub wird ein Klapptisch für die Meldung aufgestellt. Und das „Söhnchen“ kann es kaum erwarten, mit seinem Badeboot an den Strand zu gehen.

Aber erst mal frühstücken. In der Schlange beim Bäcker wird klar, dass wir noch lange nicht den hiesigen Entschleunigungslevel erreicht haben. Die Cheffin greift ein, und nähert diesen dem unsrigen an.

Von der ersten Wettfahrt sind mir nur zwei Dinge in Erinnerung.

Erstens, das ich gefühlt wie mit platten Reifen segelte. Und zweitens Hannes, der von der einhelligen Feldmeinung weit weg nach links raus fuhr und mit einem unfassbaren Abstand die Tonne 1 rundete.

Am Start zur zweiten Wettfahrt hatte ich das anschwellend lautere, aggressivere Flattern der Segel offenbar nicht registriert. Erst auf der Kreuz wird mir ein ruppiges Schlagen im Rigg gewahr. Der Contender verhält sich bockig und im Segel ist permanent ein Gegenbauch. Ich bekomme den Druck mit abseilen und purer Körpermasse nicht mehr kompensiert. Ein Rezept dagegen hab ich nicht und suchend geht der Blick zu den anderen Booten. Aber anscheinend kämpfen alle. Zumindest in diesem Teil des Feldes. In Lee, weit voraus zieht ein „Vintage“ hellelfenbeinfarbenes Segel auf Holzbonezzi seine Bahn. Hannes. Der Bug des Bonezzi steigt aus dem Wasser und dreht sich etwas nach Luv. Gleichzeitig legt sich das Segel auf die Wellen. Keine Hand frei um mich zu kneifen. Wenn es Hannes, der gefühlt nie kentert, einfach stumpf umhaut, dann träume ich, oder das hier ist jetzt wirklich Wind.

Not befeuert bekanntlich die Denkprozesse und ich erinnere mich an eine Strippe, die ich noch nie benutzt habe. Denn „Faltenglätter“. Softe Überhöhe, anhocken und ein zaghafter Zupf am Faltenglätter. Nichts. Noch mal die Prozedur, jetzt mit einem rabiaten Zug am Tampen. Eine Erweckung! Beim wieder abfallen ist es, als hätte ich aus dem roten Drehzahlbereich einen Gang hochgeschaltet. Die Maschine läuft ruhiger, Geschwindigkeit nimmt zu und die Fuhre lässt sich wieder entspannt steuern. Der Faltenglätter ist jetzt ein Cunningham.

So ließ sich ein Badegang auf der Kreuz vermeiden. Aber der Instinkt sah das Unvermeidliche näher rücken. Abfallen an Tonne 1 ließ sich austanzen. Nur kurz darauf wäscht mir eine Welle die Beine weg und ich zog das Boot hinterher. Naja, Missgeschick, das war es noch nicht. Nach Aufrichten und Kurs setzen sehe ich vor mir die Segel-Nr. 25 über das Wasser fliegen und an Tonne 2 auch hinein. Peter.

Ah, ein Kandidat für ein Kenterduell. Meine Halse war soweit noch Routine. Aber dann galt es den recht spitz ausgelegten zweiten Raumschenkel abzufliegen. Und das gelang nur etappenweise mit zwei Baumnockditschern. Beim zweiten Aufrichten war der monströs motorisierte Tonnenleger bei Peter und kam dann bei mir vorbei „Abbruch!“

Das Leichtgewicht Peter hatte es auf diesem Gang eindeutig weiter geschafft – gratuliere!

Am Strand startet die Wettfahrtleitung eine Umfrage „Noch mal raus, wer kommt mit?“. Überwiegendes Kopfnicken. Und so gibt es einen dritten Start und ein Rennen vor der Kulisse einer westlich vorbeiziehenden dunklen Wand mit dumpfen Donnergrollen. Den Abbruch erzwingt eine zweite aufziehende Wand, die mir an Land den Neo entsalzt.

Der Abend verläuft in gemütlicher Runde mit Grill und Buffet. Neuzugang Matthias hat Geburtstag und stiftet Bier aus dem Allgäu. Danke an dieser Stelle noch mal dafür. Der Start am Sonntag wird einvernehmlich auf 10.00 Uhr vorverlegt.

Der Sonntag beginnt wie ein Urlaubstag in meinen Erinnerungen. Am Strand wird mir aber wieder gewahr, dass das Badeboot erheblich größer und massiver ist.

Die Dünung hat über Nacht zugelegt und erreicht fast die Oberkante der Buhnen. Von Thomas lasse ich mich in die Technologie des Einwasserns einweisen. Slipwagen bis an die Wellenkante. Ein Mann oder Frau je Längsseite, Setpause abwarten und Boot mit einem Schwung nach achtern ins Wasser heben.

Der Skipper dreht sein Schiff mit dem Bug in die Welle, der zweite Mann fährt sofort den Slipwagen aus dem Wasser. Klappt perfekt. Bereits im Wasser wird mir aber Startverschiebung signalisiert. Das Startschiff misst draußen permanent über 20 kt und der Kurs soll weiter unter Land verlegt werden. Dirk hatte am Morgen in aller Seelenruhe seinen Masttrimm geändert und geht nun mit neuem Segel zum Testen raus. 15 Minuten später kommt er wieder herein und trimmt um. Diesmal augenscheinlich in Hektik.

Mit ca. 20 Minuten Verschiebung startet die erste Tageswettfahrt bei traumhaften Bedingungen. Es werden insgesamt vier werden heute. Wie am Vortag war der Weg über links nahezu ohne Alternative. Was Hannes gestern da, und vor allem wie gesehen hat… da werde ich wohl nie hinkommen.

Ich hatte nachts im Zelt kurz wachgelegen und war die Ursachen für die platten Reifen durchgegangen. Es fuhr nun besser. Dafür tauchten andere, bewältigt geglaubte Baustellen wieder auf. Steckenbleiben in der Wende, Bondage in allen möglichen Strippen, ausgerauschte Großschot und und und… .

Sebastian von Broen hatte wohl auch kurz wachgelegen und gewinnt in der dritten Wettfahrt die Startkreuz und den folgenden Raumschenkel. Dann ist es als Erstem dem Dirk genug.

Neugang Matthias hat sich über die Wettfahrten kontinuierlich an das Feld gekämpft. In der dritten Wettfahrt nehme ich ihm, auf dem Schwert stehend, an der letzten Rundungsmarke als Erster mal die rote Laterne ab, Respekt.

Vor dem Anlanden bei Welle hatte ich noch den größten Respekt, um nicht zu sagen Schiss. Aber es gab selbstverständlich helfende Hände und wieder eine lang bewährte Technologie. Ein Highlight war noch das Treideln der Boote über den Sandstrand. An der Promenade aufgereiht bilden diese einen Hingucker für die flanierenden „richtigen Ostseeurlauber“.

Das Abbauen und Verladen wird durch die Siegerehrung unterbrochen. Dirk gewinnt vor Max und Hannes. Alte Weisheit, wieder einmal: „Länge läuft“. Und ein Berichtschreiber wird auch gefunden. Dessen Dank gilt dem ausrichtenden Verein Segelclub Kühlungsborn für dieses wirklich tolle Saisonhighlight. Wo wird einem zudem 5 EUR Startgeld zurückerstattet, da die Veranstaltung mit weniger kostendeckend war?

Die Reisegruppe Potsdam nimmt noch ein Fischbrötchen an der Promenade. Tradition, wie mir Broeni erklärt und macht sich dann auf den Heimweg. Ich nehme wieder auf der Rückbank Platz…

Úwe GER363

Ergebnis Promenadenpokal