Vorliekstrecker (Technik)

...und noch so'ne Strippe
 
Kaum zu glauben, aber auch diese Strippe ist irgendwie nützlich. Manchmal sagt man auch Cunningham dazu. Gute Segel haben eine Rolle am Vorliek wo man die Leine des Vorliekstreckers durchführen kann. Andere Segel haben zumindest eine Kausch an dieser Stelle. Das ist nicht die Kausch, die am Segelhals ist.

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An der Kausch am Segelhals befestigt man das Segel am Baum - außer beim Contender. Beim Contender wird durch diese Kausch ein Tampen mit möglichst wenig Reck geführt, den man einmal um den Mast führt und mit einem Kreuzknoten oder ähnlichen maritimen Künsten zusammen knotet. Der Segelhals mit dem Tampen kann nun frei am Mast drehen. Man kann das alles mit der Hand nach oben schieben und somit das Segel beim Setzen etwas leichter ein Stück höher bekommen. Aber bitte nur bis zur Messmarke am Masttop!

Die Kausch für den Vorliekstrecker liegt ca. 15 cm über der Kausch des Segelhalses. Hat das Segel dort keine Rolle, kann man den Vorliekstrecker dort direkt durch die Kausch führen. Man hat dann zwar mehr Reibung, aber das ist an dieser Stelle nicht so wichtig. Durch diese Konstruktion hat man bereits eine Untersetzung von 1:2 obwohl dort wenig Kräfte auftreten. Den Vorliekstrecker führt man jeweils Backbord und Steuerbord vom Mast auf Deck, dort durch jeweils eine Rolle weiter in Richtung Seitendecks von wo aus man das Vorliek trimmen wird. Irgendwo zwischen der Rolle am Mastfuß und dem Seitendeck sollte auf jeder Seite eine Curryklemme sein.

Die Curryklemme kann auf dem Seitendeck sitzen oder auf Deck am Schott hinterm Mast. Einige haben sich aus Karbon eine Art Flügel gebaut, der zwischen Mastschiene und Deck ist. Auf dem Flügel sitzen die Klemmen für Vor- und Unterliek. Sieht sexy aus und man braucht keine Löcher ins Deck zu bohren.

Möchte man den Vorliekstrecker dennoch zusätzlich untersetzen, kann man einen weiteren Tampen am Mastfuß befestigen, durch die Kausch des Segels ziehen und am Ende eine Rolle befestigen. Den Vorliekstrecker führt man nun durch diese Rolle statt durch die Kausch. Die Untersetzung ist dann 1:4.

Vorsicht bei der Länge des Tampens an dem die Rolle hängt! Sollte die Rolle irgendwann mal auf Höhe des Lümmels sein, kann es passieren, dass sie zwischen Baum und Mast platt gedrückt wird. Schade drum. Ich habe inzwischen die zweite platte Rolle durch einen Palstek ersetzt. Der hat zwar mehr Reibung, aber wenn man Dynema mit seiner glatten Oberfläche nimmt, funktioniert das trotzdem.

Der Cunningham (weiß-blau) endet in einem Palstek. Von dort weiter als Vorliekstrecker (rot-blau) an die Seitendecks.
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Aber diese Vorlieksautomatik ist sehr speziell und nicht umbedingt notwendig.

Ist man ein Bastler mit Hang zur Perfektion, kann man jetzt noch eine Automatik einbauen. Dieser zweite Tampen, an dem die Rolle (Palstek?) hängt, durch welche der Vorliekstrecker geht - dieser Tampen braucht nicht am Mastfuß befestigt zu sein. Man kann den Tampen weiter führen über eine Rolle am Baum oder unten am Baumniederholer. Dann sucht man sich eine gute Stelle am Flaschenzug des Baumniederholers wo man diesen Tampen anknotet. Zieht man nun am Baumniederholer, so zieht man gleichzeitig am Vorliek. Am eigentlichen Vorliekstrecker stellt man nur noch den Feintrimm ein. Der Rest geht automatisch über den Baumniederholer.

Die Vorliekstreckerautomatik (weiß-blau) kommt vom Segelhals, geht zu der hoch stehenden Rolle am Mastfuß, bzw. den Tampen (rot) der Baumniederholer-Kaskade. Von dort weiter in Richtung der obersten Rolle am Baum durch die dort befestigte kleine Rolle, und zurück zum 2er Block der Talje des Baumniederholers. Dort festknoten.
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Worauf man bei dem Vorliekstrecker achten sollte, ist ihn an der Luvtonne zu lösen. Insbesondere bei viel Wind. Fällt man an der Luvtonne ab und fiert die Schot auf solange das Vorliek noch angeballert ist, kann dadurch die Toplatte brechen. Dabei muss die Toplatte nicht gleich durchbrechen. Sie kann der Länge nach aufsplittern und ist dann plötzlich irre weich. Hat man nun den Vorliekstrecker mit am Baumniederholer befestigt, fiert man an der Luvtonne den Vorliekstrecker automatisch mit dem Baumniederholer auf. Aber diese Automatik haben die wenigsten. Den meisten ist das zu viel Getüddel.

Aber wozu ist der Vorliekstrecker gut? Damit trimmt man das obere Drittel des Segels. Ordentlich daran ziehen und das Segel wird oben flach, bzw. öffnet sich. Damit kann man sogar einstellen, wann der Masttop wegfedert und in der Böe den Überdruck ablässt. Der Unterliekstrecker dagegen trimmt das untere Drittel des Segels. Der Baumniederholer trimmt das mittlere Drittel des Segels - und macht noch so einiges mehr.

Mit dem Vorliekstrecker kann man auch ein paar störende Falten aus dem Segel ziehen. Aber das macht einen nicht immer automatisch schneller. Außerdem zieht man den Bauch des Segels nach vorne zum Mast.

Soweit zur Technik. Über den Trimm soll jemand einen Bericht schreiben, der was davon versteht.

Frohes Tüddeln! Contessa+Dirk (GER-395)