Regattaberichte 2

Baumniederholer (Technik)

Die Technik des Baumniederholers

Der Baumniederholer ist ein tolles Gerät. Er gibt der Contendergemeinschaft reichlich Gesprächsstoff für lange Abende. Es bilden sich manchmal sogar kleine Glaubenskriege über die korrekte Bedienung des Baumniederholers. Jedoch soll hier mehr auf die grundliegende Funktion eingegangen werden.

Was der Baumniederholer eigentlich macht, sagt bereits sein Name. Damit er es gut macht, sollte man ihn ausreichend untersetzen. Die meisten haben als Talje einen Flaschenzug mit einer Kaskade kombiniert. Und das geht so: Am Baum ca.100 cm vom Lümmel entfernt hängt ein Block (auf dem Bild hängt er an 2 Schäkeln). Vom Mastfuß geht ein Tampen (auf dem Bild in rot) zum Baum und dort durch diesen Block (daran hängt noch was, das Dich aber hier nicht irritieren sollte - also weggucken), dann zurück in Richtung Mastfuß. Der Tampen endet aber recht bald auf ca. halbem Weg. Am Ende hängt der zweite Block. Wiederum kommt vom Mastfuß ein Tampen (wieder in rot), der geht durch diesen zweiten Block zurück in Richtung Mastfuß. Auch dieser Tampen endet bevor er den Mastfuß wieder erreicht. Am Ende dieses zweiten Tampens hängt nun ein 2er oder 3er Block. Damit ist die Kaskade erst mal zuende.

Die beiden Tampen können auch einer sein, der in der Mitte einen doppelten Palstek hat und den Tampen in zwei ungleiche lange Hälften teilt. Der Vorbesitzer meines Bootes fand das gut. Ich konnte daran bisher noch keinen Nachteil finden (wie gesagt: alles in rot).

Der 2er oder 3er Block am Ende der Kaskade ist der obere Teil des Flaschenzuges. Der untere Teil kann auch ein 2er oder 3er Block sein und ist schwenkbar am Mastfuß befestigt. Manchmal besteht er auch aus 3 einzelnen Blöcken. Durch die Blöcke führt man eine Leine, welche die Leine sein wird an der man den Baumniederholer verstellt (auf dem Bild schwarz-gelb).

Die Leine kann jeweils nach Backbord und Steuerbord durch eine Curryklemme zum Seitendeck geführt werden. Fährt man eine Regatta wird aber diese Leine durch ständiges Dicht-Nehmen und Fieren auf einer Seite kürzer und auf der anderen immer länger.

Immer mehr Leute fahren diese Leine so, dass sie zentral heraus zu einer Klemme auf Drehbasis führt. Dahinter einen Hahnepot (Leine total bunt und hängt durch) und nach Backbord und Steuerbord geführt. Dann kann man von jeder Kante den Baumniederholer an der gleichen Leine verstellen ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass die Leine so langsam von Steuerbord nach Backbord wandert.

Baumniederholer lose
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Baumniederholer lose

Hat man am Mastfuß einen 2er Block mit Hundsfott und am Ende der Kaskade ebenfalls einen 2er Block, erhält man eine Untersetzung der Kraft von 1:16. Aus dem Flaschenzug kommen 1:4, die an jeder Rolle der Kaskade verdoppelt werden. Somit 4x2x2. Das ist das Minimum was man braucht um den Baumniederholer irgendwie unter Kontrolle zu bekommen.

Hat man am Mastfuß einen 3er Block und am Ende der Kaskade einen 2er Block mit Hundsfott, erhält man eine Untersetzung der Kraft von 1:20 (5x2x2). Hat man am Mastfuß einen 3er Block mit Hundsfott und am Ende der Kaskade ebenfalls einen 3er Block, erhält man eine Untersetzung der Kraft von 1:24 (6x2x2). Das sollte genug sein. Mehr Blöcke erhöhen auch die Reibung in dem System. Ein Hundsfott ist übrigens der Steg, der am Block heraus kommt, damit man daran den Anfang der Leine anknoten kann.

Der Nachteil einer hohen Untersetzung ist, dass dann auch der Weg sehr lang wird. Sprich, man hat eine lange Strippe im Boot liegen. Das nervt oder stört zumindest. Der Nachteil an einer zu kleinen Untersetzung ist, dass man nicht genug Wumms ins Gerät bekommt. Das macht langsam und nervt richtig.

Wie viel Kraft tritt da eigentlich auf? Kannst Du einen Klimmzug? Auch mit einem Arm? Ich brauche leider beide Arme. Also zieht ein Arm schon mal keine 85 Kg bei mir. Vielleicht sind es 45 Kg? Nehmen wir mal an, dass ich da draußen im Trapez stehend mit 25 Kg am Baumniederholer reiße. Bei mir ist die Untersetzung nur 1:16 und somit kommen 16x25=400 Kg am Baum an (ohne Reibung zu berücksichtigen). Das erklärt vielleicht warum der erste Block in der Kaskade irgendwann seine Kugeln ausspuckte. Da gehört ein High-Load Block hin! Der zweite Block der Kaskade mit 200 Kg Last am besten ebenfalls in High-Load Ausführung. Die Blöcke im Flaschenzug teilen sich nur noch 100 Kg. Trotzdem sollten sie gute Kugellager haben damit die Kraft nicht in Reibungswärme verglüht.

Baumniederholer dicht
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Baumniederholer dicht

Der Tampen, der die Kaskade bildet, muss den Kräften ebenfalls widerstehen können. Außerdem sollte er möglichst kein Reck haben, damit er nicht immer länger wird anstatt seinen Dienst zu tun. Denn viel Platz ist da nicht zu verschenken in dem Bereich zwischen ganz dicht und ganz offen. Man kann auch einen Draht nehmen. Dann braucht man aber auch die passenden Blöcke. Allerdings kann man Draht nicht knoten. Und so oft wie ich schon die Länge des Tampens angepasst und daran herum geknotet habe bin ich wohl noch nicht reif für einen Draht.

Die Leine an der man zieht braucht nicht so hohen Anforderungen zu genügen. Solange man sie gut greifen kann und sie den Zähnen der Curryklemme widersteht ist das OK.

Bist Du der Meinung, dass nun alles ordentlich dimensioniert ist? Hast Du daran gedacht, dass Spitzen in der Belastung auftreten werden, wenn der Conti in eine Welle prügelt oder aus voller Gleitfahrt mal umkippt? Es soll ja immer wieder Leute geben, die an jedem Gramm Gewicht sparen wollen. Es gibt Bereiche, da spare ich nicht!

Alternativ kann man auch einen Hebel verwenden statt der Talje. Aber damit habe ich keine Erfahrung. Soll dazu ein anderer einen Bericht schreiben. Im Prinzip ist das aber auch nur Physik: Kraft mal Kraftarm gleich Last mal Lastarm. Das sollte irgendwo im Verhältnis von 1:16 bis 1:24 liegen.

Wenn wir schon mal dabei sind, können wir uns überlegen wohin die ganze Kraft geht, die wir inzwischen mit dem Baumniederholer aufwenden können? Ist die Befestigung der Talje am Mastfuß ausreichend dimensioniert? Und am Baum auch? Zeigt der Lümmelbeschlag erste Ermüdungserscheinungen? Wie gut ist seine Befestigung am Mast? Wie sieht das Gegenstück des Baumes zum Lümmel aus? Ist bereits ein Schäkel verbogen? Scheuerstellen?

Wenn nun alles gut und schön ist und im wahrsten Sinne des Wortes reibungslos funktioniert, dann kann man mit freiem Kopf das Segeln genießen.

Lasst es krachen! Contessa+Dirk (GER-395)