Bericht Sauna-Cup Leipzig

Als "eine Art Destillat, was Contendersegeln ausmacht", beschreibt Uwe Herrmann aus Potsdam das Regattawochenende beim Sauna-Cup am Cospudener See. Seinen lesenswerten Regattabericht findet Ihr weiter unten. Wobei donnerstags oder freitags anhand der Vorhersage gar nicht sicher war, ob in Leipzig überhaupt segelbarer Wind sein würde: 30 Knoten waren für Samstag angekündigt, 40 für Sonntag. 
 
Am Samstagmorgen sah es dann gar nicht so arg aus: Pünktlich um Elf starteten rund 20 Contender (neben einigen Fiven und Varianta 18) zur ersten Wettfahrt. Bei Wind zwischen 5 und 6 Bft. kamen die meisten gut zurecht. In Lauf 1 nutzte Dirk ein, zwei Fehler von Andreas aus und wurde Erster. Im zweiten Rennen lagen die beiden wieder vorne, ehe Andreas nach einigen (bisweilen schmerzhaften) Patzern zuerst Stefan und Jens, später noch weitere, passieren lassen musste. In Wettfahrt 3 wiederholte sich die Zielreihenfolge vom ersten Lauf: Dirk, Andreas, Jens. 
 
Sonntags gab es keine weiteren Rennen, stattdessen bei 8-9 Bft. eine frühe Siegerehrung um 10:15 Uhr: Dirk gewinnt mit 1/1/1 also vor Jens mit 3/3/3 und Andreas mit 2/7/2.
 
(Jetzt kommt Uwes Regattabericht und darunter noch ein Sturm-Video vom Sonntag.)
 
 
 
In einem laaangen Rückblick sehe ich ja noch die damalige Mail in der mir der „verwegene Gedanken“ offeriert wurde, die Potsdamer Segler nach Leipzig zu begleiten. Zu meinem ersten Saunacup der Contender 2015 und damit der ersten richtigen Regatta seit 1987. 
Gerade mal 3 Runden hatte ich nach Wiederentdeckung eines uralten Hobbys auf so einem Boot gedreht, bei eher keinem Wind. Und eine Teilnahme an einer „seglerischen Wettbewerbsveranstaltung“ hatte ich in diesem Leben sowieso schon ausgeschlossen.
 
Das ist nun 2 Jahre her, und die Abläufe um den Saunacup haben inzwischen über Routine die Form von Ritualen angenommen, die sich nun weiter verfeinern. Den ritualisierten Aufforderungsmails des Veranstalters bin ich diesmal durch frühe Meldung zuvorgekommen. Wie immer stand der Abfahrttermin der „Reisegruppe Potsdam“ zeitig fest und wurde „gleitend“ nach hinten verschoben. Die Anreise aus Potsdam erfolgte diesmal mit 5 Booten und 4 Seglern. Irgendwie auch schon Ritual. Wenn jemand sich auf dem Contender probieren möchte, findet sich auch ein Boot. Meines lag damals bereits in Leipzig bereit.
 
Eine Warnung aus Leipzig vor einer überfüllten A9 und daher weiter verschobener Abreisetermin kam diesmal nicht. Ist aber durchaus verzichtbar. Den trotz Baustellen ausgesprochen flüssigen Verkehr bei der Anreise sollte man hingegen ritualisieren. 
 
Ankunft, erste Begrüßungsrituale dann schon auf dem Parkplatz – wie immer. Nach dem Abhängen der Trailer und dem Entlasten der Gurte führt der erste Gang ins wohnzimmergroße Klubhaus des Cospudener Yachtclubs. Dort ist alles wie gewohnt. Alte und neue, erwartete und auch vermisste Gesichter. 2x Suppe auf dem Herd, Bier und andere Getränke im Kühlschrank, Strichliste an der Tür. Den Ritualen folgend, drehen sich die Gespräche natürlich um die Prognosen. Aber irgendetwas ist anders. Die Prognosen werden anscheinend nach unten schöngerechnet. Wie immer erweist sich spät am Abend auch die Übernachtungsfrage als längst geklärt.
Das Frühstück im Cafe am Pier 1 gehört genauso zum Ritual. Immerhin öffnet der Laden extra für die Segler. Routiniert knackige Steuermannsbesprechnung mit speziellen Anweisungen an die Sicherungsboote: 
 
„Contender kentern öfter einmal, da kann man schon mal hinfahren, braucht aber meistens nicht helfen, wenn ein 505er kentert, sollte man hinfahren, aber nicht gleich eingreifen, wenn eine Varianta umkippt - sofort alle hinfahren, auch das Startschiff“. 
 
Kurzzeitig stand allgemein die Sliprampe für das Einwassern zur Disposition, wegen der vermeintlichen Windabdeckung. Abgesehen von einer Abweichung von der Routine ist mir die Enge da nicht geheuer. Parallel läuft das Kranen großer Pötte und ich verziehe mich zum gewohnten Strand. Von dort starten dann letztendlich doch alle.  
 
Wie immer bei Westwind, ist man kurz nach dem Absenken von Schwert und Ruder nach einmal Segel dicht ziehen schon am Start. Diesmal geht es noch viel viel schneller. Nach abschätzendem Blick auf die Bedingungen und die bereits beträchtliche Anzahl hochragender Schwerter lautet mein taktischer Plan „Back to the Roots“. Segeln wie das erste Mal vor genau 2 Jahren. Zurückhaltung am Start. Nach dem Start freies Wasser suchen, Wenden vermeiden. Konzentration auf die korrekte Schwimmlage des Bootes, nicht auf irgendwelche vermeintlichen Gegner.
 
Irgendetwas ist doch anders als vor 2 Jahren, es funktioniert. Zumindest in der ersten Wettfahrt. Als Belohnung vermesse ich mal im Raumgang den See.
 
Übermut tut selten gut. Zu spät am Start und in der ersten, noch atemlosen Wende der folgenden Wettfahrt erblickt meine Schwertspitze das Tagslicht. Die Welle schiebt die Mastspitze nach unten. Gut, ich kenne das Ritual und halte dagegen. Bis zu einem Geräusch, das an das zuziehen einer Tür erinnert. Am Heck ragt eine Haiflosse aus dem Wasser die sich schnell entfernt. Mein Ruder. Also Hechtsprung ins Wasser, mit dem Ruder in der Hand das davon treibende Boot einholen und die Anlage von unten wieder am schaukelnden Heck einfädeln. Anschließend das Boot hoch zerren, nach Lee, Eskimorolle klappt… nicht und beim dann notwendigen Klimmzug rutsche ich ab. Wieder schiebt die Welle die Mastspitze unter Wasser. Aber das ist ein sekundäres Problem. Erneut treibt ein Hai am Heck. Nach dem Einfädeln und nun erfolgreichen kräftezehrendem Aufrichten, diesmal gegen den Wind, geht der Blick zur Luvtonne. Aha, es sind noch nicht alle Boote von der Kreuz herunter. Na dann einhaken, Segel dicht und hinterher. Der Wille war da, aber der schlaffe Körper fordert Tribut. In einer einschlagenden Bö bin ich in allem zu langsam und wieder im Wasser. Wieder gilt es den Hai einzufangen. Nach Einfädeln und Aufrichten ein Blick über die Lage. Das Feld ist ausgedünnt, die ersten Boote sind bereits kurz vor der Leetonne. Egal, es gilt jetzt abzuwenden, das sich hier ein neues Ritual mit der Haiflosse etabliert. Erstmal wird mental die Wettfahrt endgültig abgebrochen und durchgeatmet. Dann das Ruder festgebunden, und der Rest des Schiffes aufklariert. Anschließend noch ein entspannter Blick über den See…großes Kino, insbesondere die quasi fliegenden 505er. 
 
Der Start zur dritten Wettfahrt (kurzer Kurs) sieht bei den Contendern ein arg ausgedünntes Feld. Obwohl die Startlinie freie Platzwahl lässt, ballt es sich am Schiff. Ich halte lieber Abstand, nur keinen Fremdschaden verursachen. Bemerkenswert im wahrsten Sinne des Wortes für alle ist der Surfer, der genau dort im Wasser treibt. Ich umfahre diesen in Lee - mit Sicherheitsabstand und komme daher weit hinter der „Ballung“ über die Linie. Kreuze irgendwann das Fahrwasser hinter der sächsischen Meisterin, fahre noch ein wenig, wende und kann nun in direktem Vergleich beobachten, was pure Körpermasse bei diesen Bedingungen ausmacht. Ein Wort dafür: „unfair“. Bisher wurde mir bei derlei Duellen die Rechnung dann von ihr immer auf den Raumgängen beglichen (auch schon ein Ritual?) Ich brauche mich da nicht mehr umzudrehen, das anschwellende, leichtfüßig über die Wellen trampelnde Geräusch Ihres Schappi-Contenders ist wie eingebrannt, mit einem Wort „unfair“. Diesmal ziehe ich den Strich durch die Rechnung aber selber. Ich wähne mich sicher, wende und stelle fest, dass ich noch unterhalb der Layline bin. Ich könnte die Höhe zwar auch in den Böen stehen, das Boot aber auch. Nach meinen folgenden zwei zusätzlichen Wenden ist sie vor mir, daher faktisch weg. Kurzer Kurs, keine Kreuz mehr außer den zwei kurzen Schlägen zum Ziel. Ein weiterer Contender ist zum matchen in Reichweite. Aber der halst mir einfach weg Richtung Tonne 4. Korrigiert aber später noch seinen Irrtum.
 
Das Abendprogramm beim Cospudener Yachtklub ist schon lange ritualisiert. Grill, Burgerstrecke, Bier. Start am Sonntag ist um 11.00 Uhr angesetzt. Allerdings macht sich Skepsis breit. Angesichts von für die Nacht angekündigten 45kts werden Autos umgeparkt, Boote vertäut und Masten gelegt. Für mich ist sowieso Feierabend und ich verpacke das Boot. Auf der Heimreise hatte sich das Ruder erneut gelöst, diesmal mit dem oberen Ruderbeschlag. Für einen Start am Sonntag gibt es aber im mitgeführten Einsteigerboot bereits eine Option. Auch bei andern hatte Material nachgegeben. Ernste Schäden oder Kollisionen gab es aber keine. Und protestiert wird in dieser Klasse ja sowieso eigentlich nie.
 
Der Sonntagmorgen bringt Ostseefeeling. Brandungsrauschen, Pfeifen des Windes in den Wanten und blauer Himmel. Der Wind macht keine Anstalten nennenswert nachzulassen. Der Start wird daher zügig auf 10.15 Uhr vorverlegt und in Siegerehrung umbenannt. Alles weitere ist schon lange Ritual…
 
Für den einen oder anderen Neueinsteiger wird wohl der diesjährige Saunacup im Rückblick in einigen Jahren als prägender Termin gelten. Auch die, die keine Wettfahrt beenden konnten, sahen nicht unglücklich über die Erfahrung aus. Und zumindest war zu sehen, was für sie allzubald möglich sein könnte. Im kurzen Rückblick halte ich das Wochenende in Leipzig fast für eine Art Destillat, was Contender segeln, bzw. das Segeln in dieser Klasse ausmacht.
 
Uwe Herrmann
GER-3