Bericht Max WM 2019
Die WM fand dieses Jahr in Quiberon statt. Auf der Karte bei Google Maps sieht es nach einem relativ offenen Segelrevier mit großen Atlantikwellen aus. Aus Erzählungen anderer Segler wusste ich, dass wir in der Bucht von Quiberon segeln. Die Beschreibungen reichten von „so ähnlich wie Kiel“ bis „wie Steinhuder Meer“.
Französische Meisterschaft
Ein Tag Starkwind, ein Tag Mittelwind, ein Tag Leichtwind (nach meinem Empfinden). Für jeden was dabei, nur keine großen Wellen. Mark Bulka gewinnt überragend vor Sören Dulong Andreasen und Christoph Homeier, ich werde Vierter. So wird dann wohl die WM auch aussehen, nur mit mehr als doppelt so vielen Booten, dachte ich.
Practice Race
Graham Scott gewinnt es. Am Anfang des Rennens ist noch schöner Wind, zum Ende ist so wenig Wind, dass ich – auf Position 2 liegend – entscheide, mir die Zielkreuz zu sparen und direkt an den Strand zurückzutreiben.
Tag 1, Rennen 1 und 2
Die WM beginnt mit Startverschiebung an Land. Wir warten lange, erst gegen ca. 16 Uhr gehen wir aufs Wasser. Ich versuche, möglichst früh abzulegen, damit ich mit Sören noch etwas angleichen und die Seiten vermessen kann. Für mich läuft es richtig gut, ich beginne die WM mit einem ersten Platz. Im zweiten Rennen werde ich Dritter. Läuft! Besser ist nur Graham Scott mit den Plätzen 1 und 2, Maisi ist auch richtig gut mit 4 und 1.
Tag 2, Rennen 3
Wieder Startverschiebung an Land, heute warten wir nicht ganz so lange wie am ersten Tag. Um ca. 14 Uhr dürfen wir auslaufen. Ich vermesse wieder mit Sören den Kurs. Der Wind pendelt unbeständig.
Ich starte links mittig, leider dreht der Wind in die falsche Richtung, nach rechts. Ich komme gefühlt als 50. an der Luvtonne an. Sören ist noch hinter mir, er war noch weiter links. Für mich beginnt jetzt eine wahnsinnige Aufholjagd, im Ziel bin ich 8., wenn ich richtig gezählt habe. Wahnsinn! Einmal durchs Feld gefahren, bei dem leichten Wind.
Unter der Dusche sagt Maisi, dass ich einen BFD hab. Ich kann es erst nicht glauben, hatte doch eine perfekte Landpeilung. Ich höre mir die Tonaufnahmen des Startbootes an. Ich bin wohl doch drei Sekunden zu früh losgefahren. Lässt sich nicht mehr ändern – so eine Scheiße! Hoffentlich fahren wir morgen zwei Rennen. Ich versuche, das Positive aus dem Tag mitzunehmen: Meine Aufholjagd war richtig stark.
Tag 3, kein Rennen
Den ganzen Tag am Warten, meine Stimmung ist am Boden, die Laune nicht gerade die beste. Morgen ist die Flotte in Gold und Silver Fleet geteilt. Ich hab es immerhin in die Gold Fleet geschafft, aber es wird über die gesamte WM nur einen Streicher geben. Für mich zählt jetzt jedes Rennen. Wenn es eine gute WM werden soll, muss ich morgen gut segeln.
Tag 4, Rennen 4 und 5
Ich bin angespannt und habe Angst, dass es eine WM wird mit Platz 20 bis 50. Fenja muss mir meinen Ersatz-Pinnenausleger bringen, obwohl mit dem anderen fast nichts ist. Ich habe aber ein schlechtes Gefühl mit dem Gelenk des Auslegers. Ich bin froh, als ich auf dem Wasser bin, jetzt einfach nur segeln. Die Bedingungen sind perfekt für mich. Das vierte Rennen: Ich starte sehr vorsichtig, aus Angst vor Buchstaben auf der Ergebnisliste. An der ersten Marke bin ich so Zehnter, ab da geht es nur noch nach vorne, bis auf Platz 1. Das fünfte Rennen läuft fast genauso: Sören kommt mir auf Position 1 liegend entgegen und motiviert mich. Ich bin zu dem Zeitpunkt Fünfter oder Sechster und eigentlich zufrieden damit, ich gebe aber noch mal Gas und werde Zweiter.
Tag 5, letzter Tag, Rennen 6 und 7
Ich bin aufgeregt, habe aber erstaunlich gut geschlafen. Maisi ist einen Punkt hinter mir, Graham sieben, Mark Bulka hat gestern auch einen BFD kassiert. Ich mache mit Fenja, Anika, Utz und Rita Frühsport zur Entspannung. Am Bootspark versuche ich, den Leuten aus dem Weg zu gehen, ich will nichts hören. Sören checkt mein Boot noch mal durch und gibt mir Tipps, ich kann nicht so gut zuhören. Bin richtig froh, als es losgeht.
Auf dem Wasser alles wie immer: Bahn mit Sören ausmessen und angleichen, rechts sieht gut aus. Erstmal ist noch Startverschiebung, die Zeit vergeht überhaupt nicht. Bei mir kommt die Hoffnung auf, dass wir nicht mehr segeln. Immer noch Startverschiebung auf dem Wasser. Ich teste mit Sören die Seiten. Links, rechts, links – ich komme nicht zum Nachdenken. Es ist sehr viel Seegras im Wasser, was einem schnell zum Verhängnis werden kann.
Es geht los: Rennen 6. Ich starte relativ weit auf der linken Seite bei Graham, Maisi und Mark. Ich traue mich nicht, mit Sören auf die rechte Kursseite zu segeln. Der Start läuft nicht so gut. Zu Anfang ist Maisi noch vor mir, an der Luvtonne sind wir alle dicht zusammen. Durch guten Bootsspeed und konsequentes Nach-links-Segeln werde ich Zweiter hinter Sören. Maisi bleibt im Kraut stecken, obwohl er auf dem Vorwind noch dicht hinter mir war. Es sieht gut aus für mich.
Rennen 7: Ich starte rechts, direkt am Startschiff. Ich bin dicht an der Linie, fahre aber lieber nicht los, ich will keinen Frühstart riskieren. Aber der Start ist hin. Ich wende nach rechts, finde eine Lücke und kann erst mal fahren. Nach der nächsten Wende habe immer noch halbwegs freien Wind. Plötzlich fährt das Boot nicht mehr, es steckt im Seegras, der freie Wind ist weg. Schwert hoch, Ruder hoch, weiterfahren! Irgendwie fahre ich noch nach vorne.
Als es auf die Zielkreuz geht, bin ich Zweiter. Heute ging es immer über rechts, aber etwas nach links sehe ich dunkles Wasser. Ich segele nach links zum Wind – noch ein kleines Stück und noch ein Stück, dann wende ich. Alle anderen sind Anschlag rechts. Hier in der Mitte ist überhaupt kein Wind. Die Silver Fleet kreuzt hoch und einige aus der Gold Fleet kommen mir vorm Wind entgegen. So wird das nichts. Um freien Wind zu bekommen, muss ich bis Anschlag auf die linke Seite. Zwischendurch probiere ich es zwei Mal, aber immer das gleiche: Ich bleibe im Verkehr stecken. Kein freier Wind! Die anderen Boote rechts kann ich nicht mehr ausmachen, ich drehe fast durch. Zum Ende der Kreuz kann ich einzelne erkennen – es sieht sehr eng aus! Ein zehnter Platz reicht mir... Aber es geht gut aus, am Ende überquere ich die Ziellinie als Zweiter hinter Maisi.
Ich freue mich mega – ich bin Weltmeister!
Als ich an Land komme, werde ich von allen beglückwünscht. Erst mal schaue ich aufs Notice Board, sieht gut aus – kein BFD!
Die Siegerehrung findet statt: Ich stehe auf dem Podest ganz oben, ich schüttle ganz viele Hände. Küsschen hier, Küsschen da, die Nationalhymne wird gespielt, es fühlt sich unwirklich an. Dann lande ich irgendwann im Wasser.
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Event-Film, 41 min.: