Püttinge & Co.
Eine kurze Geschichte vorweg. Mitte Januar 2014 fand man sich in Bremen zum sonntäglichen Training ein. Vier bis fünf Bft. aus Ost versprachen Segelspaß. Maisi war gerade auf der Glitsch zur Raumtonne, bekam noch einen Drücker zu fassen und leitete die Halse ein. Der Baum kam rüber und es krachte im Gebälk! Das Oberwant auf der neuen Luvseite war nicht mehr mit dem Pütting verbunden. Erstaunlicherweise blieb der Mast stehen, was anscheinend dem geringen Rumpf-Widerstand bei Gleitfahrt zu verdanken war.
Was war passiert?
Der Bolzen zwischen Want und Locheisen hat sich an seiner schwächsten Stelle zerlegt, wo für den Sicherungsring die Bohrung durch den Bolzen geht. Man muss sich fragen, warum ausgerechnet diese Schwachstelle direkt am Locheisen liegen muss? Dieser Frage stellte ich mich 2009 auf der WM in Sonderborg zum Glück schon während der Vermessung. (Das wiederum ist eine Geschichte für sich.) Auf dem Foto erkennt man an den Bolzen (Bo) Verformungen bei den Bohrungen. Seitdem hält eine Unterlegscheibe aus Plastik (UP) die Bohrung auf Abstand zum Locheisen (LE). Dafür bräuchte man längere Bolzen, oder man tut dem Bolzen einen Gefallen indem man das Locheisen etwas zusammen quetscht. Das verkürzt den Hebelarm, welcher den Bolzen biegen möchte. Bei meinem letzten Conti war das bereits Werftstandard.
Werftstandard ist seit Jahren, dass Püttinge aus dickerem Material gefertigt werden als die 1991er Püttinge (Pü) auf dem Foto. In 2011 rüstete ich notgedrungen auf den neuen Standard um. (Das wiederum ist eine Geschichte für sich.) Der Baumniederholer stützt sich am Lümmel, bzw. an den (Baby-Lümmel-) Unterwanten ab. Insbesondere am Lee-Unterwant greifen die Kräfte an. Irgendwann schlackert sogar das Lee-Oberwant. Ganz ohne Vorschädigung bricht ein Stück vom Pütting gewöhnlich nicht weg. Dennoch hält dickeres Material länger, bzw. widersteht der Versuchung Langlöcher zu bilden. Zusätzlich wird die Kraft auf dem Bolzen zwischen Pütting und Locheisen breiter verteilt.
Ein Fast-Pin (FP), den man gerne zwischen Want und Locheisen einsetzt, hat nur eine halbe Bohrung für den Federmechanismus. Aber er kann ungewollt gelöst werden, wie es Christoph Engel auf der WM 2009 bei 7 Bft. passierte. (Das wiederum ist eine Geschichte für sich.) Manche verwenden eine Schraube mit Stop-Mutter. Doch verliert eine Schraube aufgrund des Gewindes an Stabilität.
Kontrolle gehört zur Seemannschaft
Beim Vorstag ist die Situation nicht so dramatisch, weil es durch den großen Abstand zum Mast einen günstigeren Hebel hat als die Wanten. Dort kann man ebenfalls dafür sorgen, dass die Schwachstelle des Bolzens auf Abstand gehalten wird. Auch der Klappspanner hat seine Schwachpunkte. Es ist eher ungewöhnlich, dass ein Klappspanner (KS) am unteren Ende bricht wie zur WM 2005 in Travemünde. (Das wiederum ist eine Geschichte für sich.) Ohne Vorschädigung passiert das gewöhnlich nicht. Bitte beim Umlegen des Klapphebels den Beschlag nicht verkanten. Der wirkliche Schwachpunkt liegt etwas versteckt. Es ist der kleine Bolzen (Pfeile), um den sich alles dreht. Eine bessere Lösung als gelegentliche Kontrolle habe ich leider nicht.
Einige verzichten auf den Klappspanner und setzen dort ein Locheisen ein. Das hat den Vorteil, dass man das Vorstag mit halbem Lochabstand feiner trimmen kann, sowie weniger Bauteile hat. Nachteilig ist, dass man auf dem Wasser das Rigg nicht entlasten kann um Unterwanten umzutrimmen. An Land muss über eine Tallje (z.B. Trapez) der Mast nach vorne gezerrt werden, um das Vorstag einzuhängen. Ein Klappspanner zerrt nicht mehr als notwendig.
Zusammenfassend ist das stehende Gut bei einem Contender sicher dimensioniert. Jedoch gehört Kontrolle zur guten Seemannschaft – und was kostet schon ein neuer Bolzen?
anD!RKen (GER 2527)
Nachtrag:
Nachdem dieser Artikel im Rundbrief 1/2014 stand, schickte mir Lutz (GER-1421) folgendes Foto von dem Bolzen (5mm dick; 10mm lang bzw. 6mm bis Loch; Best.-Nr. bei RWO: R 6611) im Klappspanner (Best.-Nr. bei RWO: R 4550) auf den die Pfeile zeigen.