Das Contenderjahr – Rückblicke eines Einsteigers-

Die Segelsaison 2005 ist so gut wie vorbei, die Boote werden warm eingepackt und eingewintert. Da ist es doch Zeit für einen Blick über die vergangene Saison. Zumal es meine erste Saison im Contender war.
Irgendwie kam im letzten Winter so eine innere Unruhe auf die mir sagte das nach mehr als 10 Jahren Lasersegeln die Zeit für eine neue Bootsklasse reif ist. Clubkamerad Michael Sprink schien das gerochen zu haben und konfrontierte mich mit dem Gebrauchtbootmarkt der Contender.

„Warum eigentlich nicht, schließlich ist ja sogar die WM 2005 in Deutschland, das wäre doch mal was....“
Nach einigen, ausnahmslos netten Telefonaten bin ich direkt auf unseren allbekannten Albrecht gestoßen der sich von seinem Schiff trennen wollte.

Nicht lange gequatscht, die 250 km von Detmold nach Hamburg gebügelt und schnell mal den Kahn anschauen. Ca. 30 Minuten später hatten etwas Bargeld und ein wirklich schöner Contender die Besitzer gewechselt. So kam ich zu meinem Boot „Roter Panther“.



Nach dem viel zu langen Winter kam ich Mitte März das erste Mal mit meiner Neuanschaffung aufs Wasser. Es hatte ca. 8°C Lufttemperatur und locker 4 Bft. Ob das wohl klappt? Also allen Mut zusammengenommen und als einziger Segler raus auf unseren altbewährten Lippesee. Was ich dann erlebte war wie eine Offenbarung. Vom Lasersegeln war ich es gewohnt bei 4 Bft ständig mit zu viel Druck beim Kreuzen zu kämpfen - und jetzt stand ich im Trapez, das Boot segelte schön aufrecht, und dabei war ich auch noch viel schneller als mit dem Laser.

Nach 2,5h packte ich das Boot breit grinsend wieder ein und zwischendurch bin ich auch ganz wirklich höchstens 4x gekentert.

So wurde das Frühjahr über 1-2x pro Woche fleißig geübt, und die Begeisterung an dem Boot stieg mit der Routine.

Aber immer nur hin und hersegeln ist auf Dauer auch nicht das Wahre. Deshalb fährt man ja auch um die Wette. Das geht zum Beispiel bei der



Kehrein Regatta in Haltern am 23/24.04



Samstag Morgen 9.00h Hier stehe ich nun am Halterner See, den ich strategisch solange mit meinem Auto umkreist habe das er auch wirklich nicht mehr weg konnte. Heute sollte es also geschehen, meine erste „richtige“ Contenderregatta. Die Wettervorhersage sagte flauen Wind an was ich ,Greenhorn das ich nun mal bin, gar nicht so schlimm fand, ganz im Gegenteil zu den gestandenen Contender-Recken. So gegen Mittag ging ich zusammen mit Tom und Jörg aufs Wasser um im großen Bogen um die Insel zum Start zu segeln. Ab und zu konnte sogar der ein oder andere ins Trapez. Am Start angekommen dachte der Wind jedoch, daß er ja nun auch wieder pausieren könne, die Segler sind ja schließlich alle da. Nach einigem hin und her kam es aber doch zu einem gelungenen Start auf einen Dreieckskurs, der zweimal abgeturnt werden soll. Der Wind kam grob aus Richtung der Luvtonne, mal 30° mehr von links, mal 30° mehr von rechts. Aber was machen schon so ein paar Dreher aus?

Vom Start weg setzte sich Jörg Schlienkamp vor das Feld und zeigte allen wo es langgeht. Ich startete ziemlich mies, aber hatte ja meinen flammneuen Taktik-Kompass, den ich nicht aus den Augen ließ, und somit jeden Dreher auswendete. So sammelte ich schon mal das ein oder andere Boot ein. Im Laufe der Wettfahrt hörte der Wind auf um 60° zu drehen und fing so langsam an um 180° zu drehen, begleitet von dem einen oder anderen Flautenloch, das aber zuverlässig nach ca. 2 Minuten wieder mit Wind aufgefüllt wurde. Jörg fuhr das Rennen souverän nach Hause und ich hatte so intensiv auf meinen Kompass gestarrt das ich gar nicht gemerkt habe wie sich nach und nach alle anderen Teilnehmer dicht hinter mich setzten. So wurde ich überglücklicher Zweiter. Dirk M. wurde Dritter und Maren Hoof, die sich kurzerhand das Boot von Micha geliehen hat, wurde respektable Vierte.

Leicht verwirrt mampfte ich nach der Wettfahrt meinen Müsliriegel und nutzte den Wind, der nach dem Zieleinlauf natürlich wieder da war, für ein paar schöne Halbwindschläge.

Im zweiten Rennen am Samstag ein ähnliches Bild. Wieder interessante Windverhältnisse, wieder Jörg souverän vorn, dann kam Dirk M. und Stefan Huber und dann meiner einer, der sich zwischendurch ein paarmal ordentlich in seinem Schiff verheddert hat. Nina hatte sich derweil mit ihrem Boot neben das Leefass gelegt, was Maren so cool fand, dass sie sich direkt daneben legte und sich die beiden gemeinschaftlich retten ließen. Gruppendynamik unter Frauen.

Der Samstag Abend war über jeden Zweifel erhaben. Es war zwar etwas weit zum Clubdomizil aber es gab alles was ein flautengeplagter Einhandsegler braucht : Viel gegrilltes Fleisch und Bier.

Nach einer Nacht auf meiner leider luftlosen Luftmatratze im Auto gab es Sonntags morgens tüchtig viel Frühstück für jeden der es bezahlt hatte und die Aussicht auf etwas mehr Wind. Also frisch aufs Wasser, das Boot auf böige 1-3 Bft eingestellt und das Muster der +-20° Dreher staunend angeschaut. Diesmal erwischte ich einen passablen Start und fuhr gaaaanz nach links raus, was sonst niemand tat. Die Quittung folgte auf dem Fuße, an der Luvtonne war ich Erster und dachte so bei mir „das gibt’s doch garnicht“. Also fröhlich linksrum und abgefallen, Niederholer los und Raumschots semmeln. Unterwegs kam mir Jörg entgegen und deutete dezent darauf hin, das wir heute aber rechtsrum segeln. Für diesen diskreten Tipp noch mal Dankeschön, Jörg.

Also schnell zurück und das ganze Feld mal von hinten betrachtet. Dabei dachte ich so bei mir „Das gibt’s doch garnicht“.

Das mit dem Dreher scheint mir irgendwie zu liegen und ich wendete mich wieder auf den Vierten vor.

Ratet mal wer das Rennen gewann… genau, der Jörg.

Schnell noch einen Lauf hinterher geschoben, der Wind hatte jetzt 2-3 Bft, statt 1-3. Am Leefass wurde zeitweise der Platz zum umfallen knapp, weil da schon welche lagen. Es war halt doch böig. Ansonsten gab es nix großartig Neues. Jörg gewann, Dirk M. wurde Dritter und Klaus Schröder nahm einen guten Lauf mit einem vierten Platz. Ich gönnte mir nochmal einen Zweiten Platz.

Später am Tage war dann die Siegerehrung bei der man mir auch direkt eröffnete das der Drittplazierte einer Regatta einen Bericht zu schreiben hat.
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So ging ein gelungenes Wochenende mit außergewöhnlichen Windverhältnissen zu Ende. Die Regattaleitung hat es verstanden aus den Verhältnissen 4 Wettfahrten zu zaubern die zum großen Teil sogar recht fair waren. Mein Kompliment für diese solide Arbeit.



Die Saison nimmt ihren Lauf, ich fuhr zu den Eck Days, weil Peter Kurz und Albrecht dort zwei Tage ihre Unterstützung beim Trainieren zugesagt hatten. Beide zeigten tüchtig viel Engagement, gaben Tipps an Land und vom Gummiboot aus auf dem Wasser, machten Videos etc. Vielen Dank für diese Aktion. Mir selber würde das Herz bluten wenn ich auf einem Gummiboot frieren müsste, während um mich rum alle bei 4-6 Bft übers Wasser brennen. Über die Regatta zu den Eck Days möchte ich den Mantel des Schweigens decken, genauso wie die Regattaleitung ja auch die Ergebnisse vernichtet hat bevor sie ausgewertet wurden.



Ein weiteres persönliches Highlight der ersten Saisonhälfte waren die



Hamburger Einhandmeisterschaften am 02/03. 07.

Relativ unverhofft und spontan hatte ich am ersten Juliwochenende nix vor, also Freitags schnell das Boot verpackt und am Samstag Morgen kurz nach Hamburg gebrettert um meinem so liebgewonnenen „Roten Panther“ mal wieder seine alte Heimat zu zeigen. Bestes Sommerwetter sorgte für eine herrliche Kulisse in und um Blankenese. Das Hochwasser war trefflicherweise um die Mittagszeit, so das es keine komischen Auslaufzeiten wie 8.00h oder so gab. Also bei flauem Wind raus auf die Elbe und zum erstenmal Bekanntschaft mit dem Tidenstrom gemacht. So viel kann man gar nicht vorhalten wie der einen versetzt, andererseits erzeugt er Bewegung die das Segel vom wirklich flauen Wind anströmen lässt.

Nach etwas Warterei war der erste Start. Martin Murner aus der Schweiz kam mit Flaute und Strom am besten zurecht und wurde Erster.

Die Podiumsplätze machten die Hamburger Ralf Preuss und Dirk B. unter sich aus.

Im zweiten Lauf nickte der Wind immer weiter ein, aber zum Glück gab es ja noch den Strom der einen immer irgendwohin schiebt. Ob das immer die richtige Richtung ist sei dahingestellt. Bei der Verfolgung von Dirk B. starrte ich so konzentriert in mein Segel und sonstwohin das ich fast ein Kümo umnietete das sich still und heimlich aus einem Seitenfahrwasser rangeschlichen hatte. 5 Meter vorher entschied ich mich dem Kümo seinen Willen zu lassen und treibe hinter seinem Heck her. Dirk B. war jetzt allerdings weg und gewann den Lauf souverän. Zweiter wurde Georg Hillebrand, Dritter diesmal Ralf Preuss. Nachdem zwischenzeitlich über Hamburg ein Gewitter wegzog lebte der Wind wieder soweit auf das noch ein Rennen möglich schien. Inzwischen war der Strom gekentert und die ganze bereitgelegte Taktik funktionierte irgendwie nicht mehr. Außerdem war die Windstärke immer noch weit davon entfernt Trapezen zu ermöglichen. So schaute ich mir diesmal das ganze Geschehen etwas aus der Distanz an und die ganzen Nordlichter aus Hamburg und Bremen machten das Rennen vorne unter sich aus. Mit dem letzten Rest Wasser unterm Schwert verkrümelten wir uns vom Mühlenberger Loch und trieben auf die Blankeneser Elbseite zurück. Wenn auch nicht viel Wind war, so hatten wir doch bei Temperaturen um 25°C schön viel Sonne getankt.

Für den Abend war Grillen auf den Elbwiesen angesagt. Dirk B. hatte Fleisch und Bier (was sollte man auch sonst brauchen) besorgt, Birgit hatte ihren Grill mitgeschlürt. So versammelten wir uns um die Busse von Birgit, Micha und Dirk. Das nächste Mal bringt Birgit auch bestimmt die Roste für ihren schönen großen Grill mit, diesmal schütteten wir die Kohle halt in Micha’s Single-Haushaltsgrill und garten die Steaks schön eins nach dem anderen. Trotzdem wurden alle satt, das Bier wurde auch weniger und gegen Mitternacht bekamen wir sogar noch ein Feuerwerk auf der Elbe geboten. Ist das etwa nichts? So ganz nebenbei gab es auf dem Mühlo noch eine Rettungsaktion für eine festgekommene Yacht die wohl Probleme hatte. In der Dunkelheit war jedenfalls genug los, Schwimmkräne Blaulicht, Schlepper....
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Viel später in dieser Nacht verholte ich mich in mein Auto. Das Bier war da schon lange alle.

Sonntags wieder Kaiserwetter, aber leider kein Wind. Hochwasser war wieder gegen Mittag und letzte Startmöglichkeit um 14.00h. Als am späten Vormittag die Segel ganz leicht anfingen zu leben stellte die Regattaleitung demokratisch die Frage ob denn vielleicht evtl. jemand Lust zum Bootfahren hat. Weder die Seggerlinge noch die IC’s oder Laser hatten Lust, aber die Contendersegler, motiviert wie immer, ließen sich von einem der vielen Tuckerboote zum Mühlo ziehen und wagten einen Start. Der Wind war immer noch flau. Irgendwann auf dem Raumschenkel gab es ein paar Tropfen Regen und –Schwupps-, wehte es mit 3-4 Bft. Das kam so plötzlich das einige direkt umfielen um sich das Geschehen erst mal aus dem Wasser raus anzusehen. Der Wind hielt für den Rest des Rennens durch und weil einige die Winddreher wohl nicht so recht realisiert hatten, konnte ich auf der Zielkreuz nochmal 4-5 Boote holen und werde glücklicher Zweiter. Diesmal gewann Dirk M. den Lauf, Georg Hillebrand wurde Dritter. Aufgemuntert von der Windentwicklung schoß die Regattaleitung direkt zum fünften Rennen, in dessen Verlauf der Wind jedoch wieder zu altbekannter Form absackte und das ganze Feld wild durcheinander trieb. Ich hielt es für eine gute Idee im tieferen Wasser den Ebbstrom zu nutzen, was so sehr in die Hose ging, daß ich das Ziel wohl bei diesem Hochwasser nicht mehr erreicht hätte. So nahm ich meinen Streicher mit einem DNF. Ein Tidengewässer ist halt nicht wie der heimische Baggerteich, ob es mir gefällt oder nicht. Martin Murner gewann diesen Lauf, der Schweizer scheint immer dann zu Form aufzulaufen wenn die Bedingungen so sind das andere schon gar nicht mehr ans segeln denken. Dirk B. wurde mal wieder Zweiter. Während des Schleppzuges nach Hause entspannte ich mich wohl ein bißchen zu sehr, jedenfalls fand ich mich plötzlich im Wasser und unter meinem Segel wieder. Das ganze natürlich direkt vorm BSC Clubhaus, damit sich die Sonntagsgäste auf der Terrasse nicht so entsetzlich langweilen.

Später am Tag wurden die Sieger gebührend mit Küsschen einer Vorstandsdame geehrt ( warum sind in den Vorständen eigentlich keine unter fünfzigjährigen Damen?), alle bekamen einen Erinnerungspreis, Dirk Bethge wurde Hamburger Einhandmeister im Contender und alle fuhren mehr oder weniger zufrieden, aber auf jeden Fall braungebrannt, nach Hause.



Zusammenfassung : Trotz wenig Wind ein Top Wochenende mit viel guter Laune und super Wetter. Auch so macht segeln Spaß!



Die eigentlichen Saison Highlights, die DM an der Müritz und die WM in Travemünde, haben schon andere gebührend beschrieben, so das ich euch an dieser Stelle mit weiteren Details schonen will. Für mich waren es die ersten wirklich großen Regatten und der Unterschied zum heimischen Baggerteich ist schon enorm. Aber irgendwie bin ich fast immer durchgekommen und alles ist heile geblieben.



Kehrausregatta Steinhude am 17./18.09



Im Spätsommer kamen noch einige Regatten, die für mich quasi vor der Haustür liegen, so zum Beispiel am Steinhuder Meer. Da ich in der Zwischenzeit schon einige wirklich nette Kontakte in der für mich ja noch neuen Klasse geknüpft hatte, war ich mit einigen Seglern schon am Freitag vor der Regatta in Steinhude verabredet. Trotz widerlichem Dauerregen machte ich mich am Freitag Morgen auf nach Steinhude, und als ich auf das Clubgelände kam begrüßten mich Arne, Luke und die ersten Sonnenstrahlen. Boot aufgebaut und schnell aufs Wasser. Bei 2-4 Bft machten wir gemeinsam Trimmschläge und diskutierten untereinander den Bootstrimm. Später kam noch Micha van Heiden dazu und wir machten unsere Trimmschläge zu viert. Gegen Abend erreichte der Wind volle 5 Bft und wir lösten unsere Trainingsgruppe auf um jeder für sich mit halbem Wind übers Meer zu brettern. In solchen Momenten weiß ich dann immer ganz genau warum ich mir einen Contender gekauft habe.

Am Samstag gab es bei Top Wetter, aber mal wieder flauem Wind einige Versuche eine Wettfahrt durchzuführen, früher oder später mußte jeder dieser Versuche jedoch beenden. Spätnachmittags wurden die Teilnehmer an Land geschickt, woraufhin alle etwas entnervt abbauten, woraufhin sofort der Wind wach wird. Die Regattaleitung hatte sich wohl etwas mißverständlich ausgedrückt, war sie doch der Meinung sie hätte nicht abgebrochen, sondern Startbereitschaft an Land befohlen. Jedenfalls lief an diesem Tag keiner mehr aus, trotz Wind. Der Abend im Hannoverschen Yachtclub war über Zweifel erhaben. Freibier und ein reelles Essen entschädigten für den Flautentag.

Am Sonntag war noch weniger Wind als am Vortag, so wurde gegen Mittag die ganze Veranstaltung beendet und es kam zu einem der seltenen Fälle das eine ausgeschriebene Regatta ohne Ergebnis bleibt. Das kann nun mal in den besten Familien (Revieren) vorkommen. Ich hoffe im nächsten Jahr gibt es einen neuen Versuch.
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Als letzte Regatta stand für mich die Paderborner Einhandmeisterschaft im eigenen Club auf dem Programm. Heimspiele sind immer besonders nett, aber da ich dort nicht Dritter wurde obliegt es jemand anderem von diesem Event zu berichten.



Inzwischen ist mein Boot eingewintert und ich habe eine lange Bastelliste für den Winter. Von meinem ursprünglichen Plan, das Regattasegeln im Contender nur dieses eine Jahr intensiv zu betreiben und danach wieder „nur zum Spass“ auf unserem Baggersee rumzurutschen, bin ich inzwischen weit abgerückt. Sowohl das Boot, als auch die Segler dieser Bootsklasse sind es absolut Wert den einen oder anderen Kilometer auf der Autobahn zu verbringen und am Wochenende auf der Luftmatratze im Kombi zu pennen. Ich freue mich jedenfalls auf die Europameisterschaft 2006 und kann jedem der den Drang verspürt Einhandregatten zu segeln nur raten „Leute, checkt mal den Contender aus“

In diesem Sinne bis zur Saison 2006.

Stefan und GER 468 „Roter Panther“


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